ID | Period | Position | Coding | License | ||
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* Den 22. Jun kam ein Hagel Wetter = welches vom Johannis Thalau und nach = Popperoda zu bis nach Weidensee alles Verhagelt hat. * o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 167527 | 1729-06-22 | Popperode
| hail | ![]() | |
* Auf den Tag Simonis und Juda fing es an zuzuschneyen, und setzte immer einen Schnee auf den andern, also das man an vielen Orthen die Wege räumen und den Schnee wie eine Schantze aufwerffen muste, auch sogar in der Stadt, auch ist die Breitsiltzen etlichemal zugewedelt, das die Bürgerschaft das Wasser mit grosser Mühe hat wieder in die Stadt bracht, auch ist sogar der Popperode Brunnen mit etlichen Wind Wirbeln etliche Wochen Bey nahe verdeckt gewesen, also, das man mit Schlitten hat können über Mauren und Zäune fahren.* o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 68116 | 1572-11-01 | Popperode
| snow depth degree | ![]() | |
* Den 6. Januar fiel. Thauwetter an, und fieng der Schnee an fort zugehen, welches den Leiten an grossen Wassern schräcklichen Schaden antrohete, allein es fing wieder an zu friehren, und machte den Schnee noch höher also das man auf den Sontag Invocavit den 8. Februar. bey Popperoda noch über die Mauer die doch eine Meßgerten hoch ist hat gehen können, ja! was noch mehr, auf den Grünen Donnerstag hat man über Mauren und Zäune gleich über gehen können.* o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 68394 | 1573-02-08 | Popperode
| snow depth degree | ![]() | |
* Dis Jahr war ein grausamer Stürmischer Advent, aber auf den Christ H. Abend fieng es an zu Reegen, und je näher es dem Abend kam, je grausamer es zu Reegen anfieng, und Reegenete die gantze Nacht hindurch, also, wie es bey grossen Wettergüssen pfleget und war ein solch gewässer, das als die Christ Metten aus war, so muste in Eil Hölzter und Bohlen an den Popperoder Teich geführt und alda vorgedammet werden, in dem der teich ausreissen wolte, zu S. Georgen aber ward die Noth nicht allzugroß, die weil die Unstrut unter Görmar sich einen Ausriß durch das Burch Feld gemacht hatte, und von der Zeit an ist das Wasser in der Georgens Vorstadt niemals wieder sohoch gestigen, als vor der Zeit. Aber, in Alten Guttern hat es eine solche Zerstöhrung angerichtet, das das halbe Dorf zugrunde gangen ist, also, das die Leite darauf geheischt haben wie auf einen Brand, der massen, das auch manchmal 3. bis 4. auf einmal vor dem Fenster stunden, auch gleichsam recht Gewaltsam die Beysteier fo[r]derten. * o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 859 | 1751-12-23 | Popperode
| flood extent & flood intensity | ![]() | |
* Dieses Jahr ist ein sehr Dürrer Frühling gewesen, hat länger denn 5. Monath nicht gereegnet, da von das Sommerfeld sehr zurückblieben, und erst vor und nach Michaelis ist eingeerndtet worden, der Wein lies sich zwar gut an aber um Jacobi kam über die Gegend bey Poperoda und im Johannis Thal ein Hagel Wetter, welches nicht allein die Winter Früchte in diesem Revier, sondern auch den Wein verderbete, auch kam um Michaeli ein Frühzeitiger Frost, welcher was noch nicht Reif war auch gekocht hat, das also aus dem Weine auch nicht viel worden, und hier mit hat auch dieses unglückvolle Jahr ein Ende.* o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 101213 | 1636-07-25 | Popperode
| longterm | ![]() | |
* Den 1. und 2 ten Januarius fiel ein Thau Wetter an, das die Fische im Popperoder Teiche nach dem Thau Wasser zogen, und auf das Eis kamen und, den dritten Tag Frohr es wieder zu, also das die Fische zwischen zwey Eise kamen, und miteinander ersticken musten, den 24. Februar Brach es wieder auf und der Schnee, welcher 19. Wochen gelegen, fing an zu Schmeltzen, aber die Kälte kam wieder, und weh[r]te bis zum 25. Märtz, aber gleichwohl wehrten die Nacht Fröste bis zum 1. Aprill. Item auf den 17., 18., 19. und 20. Aprill item vom 1. bis zum 6. May. auch den 14. und 15. May ja! den 3. Junius hat es noch harte Fröste gethan, und ist keinmal recht auf gethauet, und war so viel schnee und Eis in der Stadt, das man das Görmer Thor vor Fluthung des Eises in etlichen Nächten nicht zu machen konte, auch hat man grosse Mühe gehabt, die Mühlen gangbar zu erhalten, im unter Teiche waren die Fische beysammen erstickt, da von bekam das Wasser einen so übelen Gestanck, das man im Brauhause in der Viehgassen lange nicht gebrauet hat, weil um des Stinckenden Wassers willen niemand darinnen Brauen wolte.* o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 66493 | 1569-01-01 | Popperode
| thawing | ![]() | |
* Den 1. und 2 ten Januarius fiel ein Thau Wetter an, das die Fische im Popperoder Teiche nach dem Thau Wasser zogen, und auf das Eis kamen und, den dritten Tag Frohr es wieder zu, also das die Fische zwischen zwey Eise kamen, und miteinander ersticken musten, den 24. Februar Brach es wieder auf und der Schnee, welcher 19. Wochen gelegen, fing an zu Schmeltzen, aber die Kälte kam wieder, und weh[r]te bis zum 25. Märtz, aber gleichwohl wehrten die Nacht Fröste bis zum 1. Aprill. Item auf den 17., 18., 19. und 20. Aprill item vom 1. bis zum 6. May. auch den 14. und 15. May ja! den 3. Junius hat es noch harte Fröste gethan, und ist keinmal recht auf gethauet, und war so viel schnee und Eis in der Stadt, das man das Görmer Thor vor Fluthung des Eises in etlichen Nächten nicht zu machen konte, auch hat man grosse Mühe gehabt, die Mühlen gangbar zu erhalten, im unter Teiche waren die Fische beysammen erstickt, da von bekam das Wasser einen so übelen Gestanck, das man im Brauhause in der Viehgassen lange nicht gebrauet hat, weil um des Stinckenden Wassers willen niemand darinnen Brauen wolte.* o.A.: Die Mühlhäusischen Alterthümer in einer Chronica vorgestellt zum Nützlichen Gebrauch vor die Nachkommen aus vielen Alten Chroniken und eigener Erfahrung zusammen getragen auch mit vielen Gemählden geziert
Hisklid 2
| 66494 | 1569-01-03 | Popperode
| freezing temperatures | ![]() | |
* Den 29. Septembris / als es ein feiner mittelmessiger tag gewesen / ists gegen den Abend umb 6. uhr / gar schweles Wetter worden / und ein so warme Lufft gangen / als der Brodem aus einer Badestuben / das auch feisten Leuten gleich bange dabey worden. Darauff ein starcker ungehewrer Sturmwind erfolget / so an etlichen Gebewden schaden gethan / und unter andern dasselbige mall das Pfarrhauß zu Wiesenrode im Ampt Rammelburg / uber einen hauffen geworffen.* Spangenberg, Cyriakus (1572): Mansfeldische Chronica. Der erste Theil.- Eisleben.
Hisklid 2
| 64851 | 1564-09-29 18:00 | Rammelburg
| wind force | ![]() | |
96774 | 1623-05-01 | Wippertalsperre
| flood extent & flood intensity | ![]() | ||
* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188958 | 1798 | Gorsleben
| snow & shortterm | ![]() | |
* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188957 | 1798 | Gorsleben
| temperature level | ![]() | |
* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188962 | 1799-02-18 | Gorsleben
| thawing | ![]() | |
* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188964 | 1799-02-22 04:00 | Gorsleben
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* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188960 | 1799-01 | Gorsleben
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* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188961 | 1798-12-25 | Gorsleben
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* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188965 | 1799-02-22 04:00 | Gorsleben
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* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188963 | 1799-02-21 | Gorsleben
| flood extent & flood intensity | ![]() | |
* Im Jahr 1799 war einer der härtesten u. längsten Winter dieses Jahrhunderts. Er fieng mit dem 8ten November 1798 an und währete bis in den April; das ganze Jahr war kalt. Die strengste Kälte war den 25sten December, u soll nach öffentl. Nachrichten die größte in diesem Jahrhunderte gewesen seyn. Es schneyte sehr viel u. thaute den ganzen Winter sehr wenig, nur einige Tage, daher die Schneemaße sich außerordentl. häufte, so daß man bey schnellem Thauwetter mit banger Ahndung außerordentliche Überschwemmungen befürchtete, u. diese Ahnung traf auf die schrecklichste Art ein. Den 18ten Febr. fieng es zu thauen an u. continuiert die folgende Tage. Den 21sten Febr. trat der Bach so sehr aus, daß das ganze Dorf davon unter Wasser gesezt wurde, so daß viele Bewohner ihr Vieh aus den Ställen bringen mußten. Den Tag darauf hatte sich das Wasser wieder verlaufen zu unserm großen Glücke, denn die Not würde noch größer geworden seyn, wenn der Bach später u. mit der Unstrut zugleich ausgetreten wäre. Den 22sten Febr. früh um halb 5 Uhr entstund plötzl. ein heftiger Gewittersturm, der einem Erdbeben gleich war; man will auch unterirdisches Getöse gehört haben. So viel ist gewiß, daß nach den öffentlichen Zeitungen an diesem Tage früh zwischen 2 und 3 Uhr in Franckreich ein hefftiges Gewitter gewesen, welches durch die Niederlande, Westphalen, Sachsen bis an die Ostsee von dem hefftigsten Sturmwinde begleitet, gezogen ist. Am 23sten Februar früh brach das Eis auf der Unstrut. Um 9 Uhr Vormittags trat das Waßer schon ins Dorf. Da sich die Eisschollen an verschiedenen Orten zwischen Reinsdorf und Carsdorf, Wennungen u. Laucha übereinander häuften, so konnte das Wasser im Fluße nicht den gehörigen Fortgang haben, daher es zusehends im Dorfe zunahm, zumahl da der Bach wieder sehr angewachsen war. Um 3 Uhr Nachmittags hatten schon viele, die dem Waßer am meisten ausgesetzt sind, ihre Wohnungen verlaßen und ihr Vieh zu andern gebracht, zu denen sie bey gewöhnlich großem Wasser ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Die mehresten aber, die gewöhnlich der Gefahr nicht so sehr ausgesezt sind, blieben nebst den Ihrigen, nebst den zu ihnen geflüchteten Personen u. Vieh in ihren Wohnungen, weil Jedermann glaubte, das Waßer könnte nicht höher steigen, als 1784 d 28 Febr wo es hier u durchgängig die bey Menschengedenken gröste Höhe hatte. Aber wie täuschte man sich! Stündl wuchs das Waßer, und Abends um 9 Uhr wurde die Noth groß. Nun rettete man so viel wie noch möglich war von Vieh. Um 11 Uhr fiengen Häußer, Ställe u. Scheunen an einzustürtzen, welches die ganze Nacht durch auf die schauderhafteste Art fortdauerte. Nun ertönte die Luft vom ängstl Jammergeschrey der um Hülfe o. Rettung flehenden, dem Gebrüll des Rindviehs u. dem Quicken der Schweine u. den grausamen Getöse der an den Eisschützen anströmenden Fluten. Es ist mir unmöglich die herzbrechende Sicht des Jammers und Elends mit lebhaften Farben zu schildern, man muß es selbst angesehen u. gehört haben, um sich eine Vorstellung nach den Erben davon machen zu können. Noch viel weniger kann ich alle einzelne Jammerformen beschreiben. Einige gaben durch Schießen ihre Noth und ihr ängstl Verlangen nach Hülfe zu erkennen. Der Küster, Johann Christoph Rühlemann, ein Musicus, blies einige Stunden lang auf dem Waldhorn im kläglichsten Ton um Rettung Dauerton, bis Lunge und Mund ihm ihre Dienste versagten. Der Schneider Meister Joh. Christoph Coch, bey deßen Ehefrau sich Vorboten ihrer Entbindung zeigten, schrie die ganze Nacht durch um Hülfe sich ganz heiser. Einige saßen auf Bäumen u. Zäunen, andre auf dem Gipfel ihrer zum Einsturz sich senkenden Gebäude; Man denke sich die schreckliche Lage, in der diese Menschen waren, die Todesangst, die sie folterte, das grauenvolle Warten der Dinge, die noch kommen sollten. Um sich herum Gebäude niederkrachen zu hören u. zu sehen, seine Wohnung, in der man noch ist, schon halb eingestürzt zu sehen, und augenbliklich den Einsturz der andren Hälfte, in der man sich noch befindet, befürchten u. unter ihren Trümmern begraben oder zerquetscht zu werden bedroht zu seyn, das Angstgeschrey um sich zu hören - welch eine schreckl Lage! Was soll ich ihr für einen Namen geben? wie sie schildern? Mich dünkt die Lage der Streitenden im Schlachtgetümmel, wenn ganze Reihen neben ihnen fallen, der Canonendonner brüllt, das Geschrey der erhitzten Streiter die Lüfte erfüllt, das Jammern der Verwundeten u. Sterbenden winselt, ist kaum so fürchterlich, als die, in welcher sich unsre Beklagenswürdigen befanden. Nur das Grausen des Schifbruchs scheint mir diese Schreckensform zu übertreffen, welche der dumpfe Hall der die ganze Nacht durch um Rettung ächzende Sturmglocke noch in ein grausenderes Dunkel hüllte, obgleich die Nacht still u. furchtbar schweigend war u. der Mond mit blaßem Lichte traurend auf die Verwüstung herabblikte. Die Höhe des Waßers nahm noch den folgenden Tag, d. 24sten, welches der Sonntag Oculi war, zu u. erst d 25sten zu Mittag stund es. Es war 1 1/4 höher als 1784, da es in dem Pfarrhofe bis an die 3te Stufe der Haustreppe stand, der Garten u. die Ställe aber frey davon waren, diesmahl aber gieng es bis an die 5te Stufe, der Baumgarten war ganz und der Grabegarten zu Hälfte überschwemmt. In die Ställe wart schon des Nachts um 12 Uhr das Waßer gegangen, daher um 2 Uhr die Kühe in den Grabegarten, wo noch kein Waßer stand, durch das Waßer im Hofe über 4 Elle tief geführt werden mußten, weswegen bey dem Brunnen ein Stück Wand eingehakt wurde. Die Schafe u. Kälber wurden auf den Heuboden u. die Schweine in die Cammer über der Wohnstube gebracht. Nur 2 Häußer im Dorfe waren ganz von Wasser frey, nemlich die Buschmühle u. das dabey liegende Neuhäusel. Pfarr und Schulwohnung, das auf der Altenburg liegende Rittergutshaus, das Cellerhauß genannt u. 3 zu nächst der Buschmühle liegende, waren in den Stuben ohne Waßer, welches bis in die Hälfte der sogenannten Sülzen sich ausgebreitet hatte. In der Pfarrwohnung stand es den Dielen gleich; Sie hat viel Riße bekommen und sich gesenkt, so daß der Ofen beynahe eingefallen wäre. - Den 26sten fieng das Waßer zu fallen an, den 27sten konnte man nicht mehr mit den Kähnen u. Flößen in den Gaßen fahren und den 28sten schon wieder, wiewohl durch Umwege u. vermittelst Legung von Leitern u. Brettern im Dorfe gehen u. d 1sten März, Freytags nach Oculi, als am ersten Bustage wieder Gottesdienst halten, nachdem ich die Kirche tags vorher von dem zurückgebliebnen Schlamm hatte reinigen laßen, denn das Waßer hatte bis an den Altar eine halbe Viertelelle gestanden. Auf den Gottesacker stand es bis an die Canzel. Den Sonntag Lätare als d 3ten März hielt ich eine auf diese Ueberschwemmung u. Rettung aus derselben sich beziehende Predigt... * o.A.: Kirchenchronik Reinsdorf/Unstrut.
Hisklid 2
| 188959 | 1798 | Gorsleben
| temperature level | ![]() | |
61099 | 1552-01 | Tennstedt / Sangerhausen
| flood intensity | ![]() | ||
180271 | 1781-01 | Tennstedt / Sangerhausen
| flood intensity | ![]() |